terça-feira, 6 de novembro de 2018

Filosofia da Linguagem. Handout: 5 e 7 de Novembro.

António de Castro Caeiro: “Jogos de linguagem e leitura, ler, estar a ler e ter lido, influência”, Filosofia da Linguagem, 5 e 7 de Novembro. 

1. Pergunta pela pergunta: querer saber o que não se sabe, desejar que o outro possa querer dizer-nos o que sabe e nós não sabemos, descrição do estado mental de incerteza. 
24. Wem die Mannigfaltigkeit der Sprachspiele nicht vor Augen ist, der wird etwa zu den Fragen geneigt sein, wie dieser: »Was ist eine Frage?« - Ist es die Feststellung, daß ich das und das nicht weiß, oder die Feststellung, daß ich wünsche, der Andre möchte mir sagen....? Oder ist es die Beschreibung meines seelischen Zustandes der Ungewißheit? - Und ist der Ruf »Hilfe!« so eine Beschreibung?

2. Descrição do „eu“ que pensa, que crê, que quer saber: discurso indirecto, directo e misto: eu estou na dúvida se…, não tenho a certeza de que…, a mim parece-me, pelo menos, que (clausula de restrição). O objecto directo é o conteúdo específico que está em dúvida ou que é expresso com cuidado.
24 (Cont.). Denke daran, wieviel Verschiedenartiges »Beschreibung« genannt wird: Beschreibung der Lage eines Körpers durch seine Koordinaten; Beschreibung eines Gesichtsausdrucks; Beschreibung einer Tastempfindung; einer Stimmung.
Man kann freilich statt der gewöhnlichen Form der Frage die der Feststellung, oder Beschreibung setzen: »Ich will wissen, ob,...«, oder »Ich bin im Zweifel, ob,...« - aber damit hat man die verschiedenen Sprachspiele einander nicht näher gebracht.
Die Bedeutsamkeit solcher Umformungsmöglichkeiten, z.B. aller Behauptungssätze in Sätze, die mit der Klausel »Ich denke«, oder »Ich glaube« anfangen(also sozusagen in Beschreibungen meines Innenlebens) wird sich an anderer Stelle deutlicher zei gen. (Solipsismus.)

3. Nome, denominação, nomeado, chamar, convocar
37. Was ist dieBeziehungzwischen NamenundBenanntem? - Nun, was ist sie? Schau auf das Sprachspiel (2), oder ein anderes! dort ist zu sehen, worin diese Beziehungetwa besteht. Diese Beziehungkann, unter vielem andern, auch darin bestehen, daß das Hören des Namensuns das Bild des Benanntenvor die Seeleruft, und sie besteht unter anderem auch darin, daß der Name auf das Benannte geschriebenist, oder daß er beim Zeigenauf das Benannte ausgesprochen wird. 

4. Compreender, apreender, depreender, reter, deter, aplicar, empregar, pôr em prática. A aplicação implica um ponto, uma intervenção, um campo, operacionais.
146. Wenn ich nun frage: »Hat er das System verstanden, wenn er die Reihe hundert Stellen weit fortsetzt?« Oder - wenn ich in unserm primitiven Sprachspiel nicht von ›verstehen‹ reden soll: Hater das System inne, wenn er die Reihe bis dorthin richtig fortsetzt? - Da wirst du vielleicht sagen: Das System innehaben(oder auch: verstehen) kann nicht darin bestehen, daß man die Reihe bis zu dieser, oder bis zu jener Zahl fortsetzt; das ist nur die Anwendung des VerstehensDas Verstehen selbst ist ein Zustand, woraus die richtige Verwendung entspringt. 
Und an was denkt man da eigentlich? Denkt man nicht an das Ableiten einer Reihe aus ihrem algebraischen Ausdruck? Oder doch an etwas Analoges? - Aber da waren wir ja schon einmal. Wir können uns ja eben mehr als eine Anwendung eines algebraischen Ausdrucks denken; und jede Anwendungsart kann zwar wieder algebraisch niedergelegt werden, aber dies führt uns selbstverständlich nicht weiter. - Die Anwendung bleibt ein Kriterium des Verständnisses




5. Sistema, vivência, ter uma vivência, fazer a experiência, ter uma experiência, aventura. O súbito. O repentino. A circunstância, situação, conjuntura, estado. Saber como é, saber o que é, conhecer alguém, conhecer-se a si, conhecer uma coisa como uma pessoa. 
155. Ich wollte also sagen: Wenn er plötzlichweiter wußte, das System verstand, so hatte er vielleicht ein besonderes Erlebnis - welches er etwa beschreiben wird, wenn man ihn fragt »Wie war das, was ging da vor, als du das System plötzlich begriffst?«,ähnlich wie wir es oben beschrieben haben - das aber, was ihn für uns berechtigt, in so einem Fall zu sagen, er verstehe, er wisse weiter, sind die Umständeunterdenen er ein solches Erlebnis hatte.

LER
156. Dies wird klarer werden, wenn wir die Betrachtung eines andern Wortes einschalten, nämlich des Wortes »lesen«. Zuerst muß ich bemerken, daß ich zum ›Lesen‹, in dieser Betrachtung, nicht das Verstehen des Sinns des Gelesenen rechne; sondern Lesen ist hier die Tätigkeit, Geschriebenes oder Gedrucktes in Laute umzusetzen; auch aber, nach Diktat zu schreiben, Gedrucktes abzuschreiben, nach Noten zu spielen und dergleichen. 
Der Gebrauch dieses Wortes unter den Umständen unsres gewöhnlichen Lebens ist uns natürlich ungemein wohl bekannt. Die Rolle aber, die das Wort in unserm Leben spielt, und damit das Sprachspiel, in dem wir es verwenden, wäre schwer auch nur in groben Zügen darzustellen. Ein Mensch, sagen wir ein Deutscher, ist in der Schule, oder zu Hause, durch eine der bei uns üblichen Unterrichtsarten gegangen, er hat in diesem Unterricht seine Muttersprache lesen gelernt. Später liest er Bücher, Briefe, die Zeitung, u. a. 
Was geht nun vor sich, wenn er, z.B., die Zeitung liest? - Seine Augen gleiten - wie wir sagen - den gedruckten Wörtern entlang, er spricht sie aus, - oder sagt sie nur zu sich selbst; und zwar gewisse Wörter, indem er ihre Druckform als Ganzes erfaßt, andere, nachdem sein Aug die ersten Silben erfaßt hat, einige wieder liest er Silbe für Silbe, und das eine oder andre vielleicht Buchstabe für Buchstabe. - Wir würden auch sagen, er habe einen Satz gelesen, wenn er während des Lesens weder laut noch zu sich selbst spricht, aber danach imstande ist, den Satz wörtlich oder annähernd wiederzugeben. - Er kann auf das achten, was er liest, oder auch - wie wir sagen könnten - als bloße Lesemaschine funktionieren, ich meine, laut und richtig lesen, ohne auf das, was er liest, zu achten; vielleicht während seine Aufmerksamkeit auf etwas ganz anderes gerichtet ist (so daß er nicht imstande ist, zu sagen, was er gelesen hat, wenn man ihn gleich darauf fragt). 
Vergleiche nun mit diesem Leser einen Anfänger. Er liest die Wörter, indem er sie mühsam buchstabiert. - Einige Wörter aber errät er aus dem Zusammenhang; oder er weiß das Lesestück vielleicht zum Teil schon auswendig. Der Lehrer sagt dann, daß er die Wörter nicht wirklich liest (und in gewissen Fällen, daß er nur vorgibt, sie zu lesen). 
Wenn wir an dieses Lesen, an das Lesen des Anfängers, denken und uns fragen, worin Lesen besteht, werden wir geneigt sein, zu sagen: es sei eine besondere bewußte geistige Tätigkeit. 
Wir sagen von dem Schüler auch: »Nur er weiß natürlich, ob er wirklich liest, oder die Worte bloß auswendig sagt«. (Über diese Sätze »Nur er weiß, ...« muß noch geredet werden.) 
Ich will aber sagen: Wir müssen zugeben, daß - was das Aussprechen irgend eines der gedruckten Wörter betrifft - im Bewußtsein des Schülers, der ›vorgibt‹ es zu lesen, das Gleiche stattfinden kann wie im Bewußtsein des geübten Lesers, der es ›liest‹. Das Wort »lesen« wird anders angewandt, wenn wir vom Anfänger, und wenn wir vom geübten Leser sprechen. - Wir möchten nun freilich sagen: Was im geübten Leser und was im Anfänger vor sich geht, wenn sie das Wort aussprechen, kann nicht das Gleiche sein. Und wenn kein Unterschied in dem wäre, was ihnen gerade bewußt ist, so im unbewußten Arbeiten ihres Geistes; oder auch im Gehirn. - Wir möchten also sagen: Hier sind jedenfalls zwei verschiedene Mechanismen! Und was in ihnen vorgeht, muß Lesen von Nichtlesen unterscheiden. - Aber diese Mechanismen sind doch nur Hypothesen; Modelle zur Erklärung, zur Zusammenfassung dessen, was du wahrnimmst.


157. Überlege dir folgenden Fall: Menschen, oder andere Wesen, würden von uns als Lesemaschinen benützt. Sie werden zu diesem Zweck abgerichtet. Der, welcher sie abrichtet, sagt von Einigen, sie können schon lesen, von Andern, sie könnten es noch nicht. Nimm den Fall eines Schülers, der bisher nicht mitgetan hat: zeigt man ihm ein geschriebenes Wort, so wird er manchmal irgendwelche Laute hervorbringen, und hie und da geschieht es dann ›zufällig‹, daß sie ungefähr stimmen. Ein Dritter hört diesen Schüler in so einem Fall und sagt: »Er liest«. Aber der Lehrer sagt: »Nein, er liest nicht; es war nur ein Zufall.« - Nehmen wir aber an, dieser Schüler, wenn ihm nun weitere Wörter vorgelegt werden, reagiert auf sie fortgesetzt richtig. Nach einiger Zeit sagt der Lehrer: »Jetzt kann er lesen!« - Aber wie war es mit jenem ersten Wort? Soll der Lehrer sagen: »Ich hatte mich geirrt, er hat es doch gelesen« - oder: »Er hat erst später angefangen, wirklich zu lesen«? - Wann hat er angefangen, zu lesen? Welches ist das erste Wort, das er gelesen hat? Diese Frage ist hier sinnlos. Es sei denn, wir erklärten: »Das erste Wort, das einer ›liest‹, ist das erste Wort der ersten Reihe von 50 Wörtern, die er richtig liest« (oder dergl.). 
Verwenden wir dagegen »Lesen« für ein gewisses Erlebnis des Übergangs vom Zeichen zum gesprochenen Laut, dann hat es wohl Sinn, von einem ersten Wort zu sprechen, das er wirklich gelesen hat. Er kann dann etwa sagen: »Bei diesem Worte hatte ich zum ersten Male das Gefühl: ›jetzt lese ich‹.« 
Oder aber in dem hiervon verschiedenen Fall einer Lesemaschine, die, etwa nach Art eines Pianolas, Zeichen in Laute übersetzt, könnte man sagen: »Erst nachdem dies und dies an der Maschine geschehen war - die und die Teile durch Drähte verbunden worden waren - hat die Maschine gelesen; das erste Zeichen, welches sie gelesen hat, war ....« 
Im Falle aber der lebenden Lesemaschine hieß »lesen«: so und so auf Schriftzeichen reagieren. Dieser Begriff war also ganz unabhängig von dem eines seelischen, oder andern Mechanismus. - Der Lehrer kann hier auch vom Abgerichteten nicht sagen: »Vielleicht hat er dieses Wort schon gelesen«. Denn es ist ja kein Zweifel über das, was er getan hat. - Die Veranderung, als der Schüler zu lesen anfing, war eine Veranderung seines Verhaltens; und von einem ›ersten Wort im neuen Zustand‹ zu reden, hat hier keinen Sinn.


158. Aber liegt dies nicht nur an unserer zu geringen Kenntnis der Vorgänge im Gehirn und im Nervensystem? Wenn wir diese genauer kennten, würden wir sehen, welche Verbindungen durch das Abrichten hergestellt worden waren, und wir könnten dann, wenn wir ihm ins Gehirn sähen, sagen: »Dieses Wort hat er jetzt gelesen, jetzt war die Leseverbindung hergestellt.« - Und das muß wohl so sein - denn wie könnten wir sonst so sicher sein, daß es eine solche Verbindung gibt? Das ist wohl a priori so - oder ist es nur wahrscheinlich? Und wie wahrscheinlich ist es? Frag dich doch: was weißt du denn von diesen Sachen? - Ist es aber a priori, dann heißt das, daß es eine uns sehr einleuchtende Darstellungsform ist.


159. Aber wir sind, wenn wir darüber nachdenken, versucht zu sagen: das einzig wirkliche Kriterium dafür, daß Einer liest, ist der bewußte Akt des Lesens, des Ablesens der Laute von den Buchstaben. »Ein Mensch weiß doch, ob er liest, oder nur vorgibt zu lesen!« - Angenommen, A will den B glauben machen, er könne cyrillische Schrift lesen. Er lernt einen russischen Satz auswendig und sagt ihn dann, indem er die gedruckten Wörter ansieht, als läse er sie. Wir werden hier gewiß sagen, A wisse, daß er nicht liest, und er empfinde, während er zu lesen vorgibt, eben dies. Denn es gibt natürlich eine Menge für das Lesen eines Satzes im Druck mehr oder weniger charakteristische Empfindungen; es ist nicht schwer, sich solche ins Gedächtnis zu rufen: denke an Empfindungen des Stockens, genauem Hinsehens, Verlesens, der größeren und geringeren Geläufigkeit der Wortfolgen, u. a. Und ebenso gibt es charakteristische Empfindungen für das Aufsagen von etwas Auswendiggelerntem. Und A wird in unserem Fall keine von den Empfindungen haben, die für das Lesen charakteristisch sind, und er wird etwa eine Reihe von Empfindungen haben, die für das Schwindeln charakteristisch sind.


160. Denke dir aber diesen Fall: Wir geben Einem, der fließend lesen kann, einen Text zu lesen, den er nie zuvor gesehen hat. Er liest ihn uns vor - aber mit der Empfindung, als sage er etwas Auswendiggelerntes (dies könnte die Wirkung irgendeines Giftes sein). Würden wir in einem solchen Falle sagen, er lese das Stück nicht wirklich? Würden wir hier also seine Empfindungen als Kriterium dafür gelten lassen, ob er liest oder nicht? 
Oder aber: Wenn man einem Menschen, der unter dem Einfluß eines bestimmten Giftes steht, eine Reihe von Schriftzeichen vorlegt, die keinem existierenden Alphabet anzugehören brauchen, so spreche er nach der Anzahl der Zeichen Wörter aus, so als wären die Zeichen Buchstaben, und zwar mit allen äußeren Merkmalen und Empfindungen des Lesens. (Ähnliche Erfahrungen haben wir in Träumen; nach dem Aufwachen sagt man dann etwa: »Es kam mir vor, als läse ich die Zeichen, obwohl es gar keine Zeichen waren.«) In so einem Fall würden Manche geneigt sein, zu sagen, der Mensch lese diese Zeichen. Andere, er lese sie nicht. - Angenommen, er habe auf diese Weise eine Gruppe von vier Zeichen als OBEN gelesen (oder gedeutet) - nun zeigen wir ihm die gleichen Zeichen in umgekehrter Reihenfolge und er liest NEBO, und so behält er in weiteren Versuchen immer die gleiche Deutung der Zeichen bei; hier wären wir wohl geneigt, zu sagen, er lege sich ad hoc ein Alphabet zurecht und lese dann danach.


161. Bedenke nun auch, daß es eine kontinuierliche Reihe von Übergängen gibt zwischen dem Falle, in welchem jemand das auswendig hersagt, was er lesen soll, und dem, in welchem er jedes Wort Buchstabe für Buchstabe liest, ohne jede Hilfe des Erratens aus dem Zusammenhang, oder des Auswendigwissens. 
Mach diesen Versuch: sag die Zahlenreihe von 1 bis 12. Nun schau auf das Zifferblatt deiner Uhr und lies diese Reihe. - Was hast du in diesem Falle »lesen« genannt? Das heißt: was hast du getan, um es zum Lesen zu machen?


162. Versuchen wir diese Erklärung: Jemand liest, wenn er die Reproduktion von der Vorlage ableitet. Und ›Vorlage‹ nenne ich den Text, welchen er liest, oder abschreibt; das Diktat, nach welchem er schreibt; die Partitur, die er spielt; etc. etc. - Wenn wir nun z.B. jemanden das cyrillische Alphabet gelehrt hätten und wie jeder Buchstabe auszusprechen sei, - wenn wir ihm dann ein Lesestück vorlegen und er liest es, indem er jeden Buchstaben so ausspricht, wie wir es ihn gelehrt haben, - dann werden wir wohl sagen, er leite den Klang eines Wortes vom Schriftbild mit Hilfe der Regel, die wir ihm gegeben haben, ab. Und dies ist auch ein klarer Fall des Lesens. (Wir könnten sagen, wir haben ihn die ›Regel des Alphabets‹ gelehrt.) 
Aber warum sagen wir, er habe die gesprochenen Worte von den gedruckten abgeleitete? Wissen wir mehr, als daß wir ihn gelehrt haben, wie jeder Buchstabe auszusprechen sei, und daß er dann die Worte laut gelesen habe? Wir werden vielleicht antworten: der Schüler zeige: daß er den Übergang vom Gedruckten zum Gesprochenen mit Hilfe der Regel macht, die wir ihm gegeben haben. - Wie man dies zeigen könne, wird klarer, wenn wir unser Beispiel dahin abandern, daß der Schüler, statt den Text vorzulesen, ihn abzuschreiben hat, die Druckschrift in Schreibschrift zu übertragen hat. Denn in diesem Fall können wir ihm die Regel in Form einer Tabelle geben; in einer Spalte stehen die Druckbuchstaben, in der andern die Kursivbuchstaben. Und daß er die Schrift vom Gedruckten ableitet, zeigt sich darin, daß er in der Tabelle nachsieht.


163. Aber wie, wenn er dies täte, und dabei ein A immer in ein b, ein B in ein c, ein C in ein d umschriebe, usf., und ein Z in ein a? - Auch das würden wir doch ein Ableiten nach der Tabelle nennen. - Er gebraucht sie nun, könnten wir sagen, nach dem zweiten Schema im § 86, statt nach dem ersten. 
Auch das wäre wohl noch ein Ableiten nach der Tabelle, das durch ein Pfeilschema ohne alle einfache Regelmäßigkeit wiedergegeben würde. 
Aber nimm an, er bleibe nicht bei einer Art des Transkribierens; sondern andere sie nach einer einfachen Regel: Hat er einmal ein A in ein n umgeschrieben, so schreibt er das nächste A in ein o, das nächste in ein p um, usw. - Aber wo ist die Grenze zwischen diesem Vorgehen und einem regellosen? 
Aber heißt das nun, das Wort »ableiten« habe eigentlich keine Bedeutung, da es ja scheint, daß diese, wenn wir ihr nachgehen, in nichts zerfließt?


164. Im Falle (162) stand die Bedeutung des Wortes »ableiten« klar vor uns. Aber wir sagten uns, dies sei nur ein ganz spezieller Fall des Ableitens, eine ganze spezielle Einkleidung; diese mußte ihm abgestreift werden, wenn wir das Wesen des Ableitens erkennen wollten. Nun streiften wir ihm die besonderen Hüllen ab; aber da verschwand das Ableiten selbst. - Um die eigentliche Artischocke zu finden, hatten wir sie ihrer Blätter entkleidet. Denn es war freilich (162) ein spezieller Fall des Ableitens, aber das Wesentliche des Ableitens war nicht unter dem Äußeren dieses Falls versteckt, sondern dieses ›Äußere‹ war ein Fall aus der Familie der Fälle des Ableitens. 
Und so verwenden wir auch das Wort »Lesen« für eine Familie von Fällen. Und wir wenden unter verschiedenen Umständen verschiedene Kriterien an dafür, daß Einer liest.


165. Aber lesen - möchten wir sagen - ist doch ein ganz bestimmter Vorgang! Lies eine Druckseite, dann kannst du's sehen; es geht da etwas Besonderes vor und etwas höchst Charakteristisches. - Nun, was geht denn vor, wenn ich den Druck lese! Ich sehe gedruckte Wörter und spreche Wörter aus. Aber das ist natürlich nicht alles; denn ich könnte gedruckte Wörter sehen und Wörter aussprechen, und es wäre doch nicht Lesen. Auch dann nicht, wenn die Wörter, die ich spreche, die sind, die man zufolge einem bestehenden Alphabet, von jenen gedruckten ablesen soll. - Und wenn du sagst, das Lesen sei ein bestimmtes Erlebnis, so spielt es ja gar keine Rolle, ob du nach einer von Menschen allgemein anerkannten Regel des Alphabets liest, oder nicht. - Worin besteht also das Charakteristische am Erlebnis des Lesens? - Da möchte ich sagen: »Die Worte, die ich ausspreche, kommen in besonderer Weise.« Nämlich sie kommen nicht so, wie sie kämen, wenn ich sie z.B. ersänne. - Sie kommen von selbst. - Aber auch das ist nicht genug; denn es können mir ja Wortklänge einfallen, während ich auf die gedruckten Worte schaue, und ich habe damit diese doch nicht gelesen. - Da könnte ich noch sagen, daß mir die gesprochenen Wörter auch nicht so einfallen, als erinnerte mich, z.B., etwas an sie. Ich möchte z.B. nicht sagen: das Druckwort »nichts« erinnert mich immer an den Laut »nichts«. - Sondern die gesprochenen Wörter schlüpfen beim Lesen gleichsam herein. Ja, ich kann ein deutsches gedrucktes Wort gar nicht ansehen, ohne einen eigentümlichen Vorgang des Innern Hörens des Wortklangs. 


Die Grammatik des Ausdrucks: »Eine ganz bestimmte« (Atmosphäre). 
Man sagt »Dieses Gesicht hat einen ganz bestimmten Ausdruck«, und sucht etwa nach Worten, die ihn charakterisieren.


166. Ich sagte, die gesprochenen Worte beim Lesen kämen ›in besonderer Weise‹; aber in welcher Weise? Ist dies nicht eine Fiktion? Sehen wir uns einzelne Buchstaben an und geben acht, in welcher Weise der Laut des Buchstabens kommt. Lies den Buchstaben A. - Nun, wie kam der Laut? - Wir wissen gar nichts darüber zu sagen. - Nun schreib ein kleines lateinisches a! - Wie kam die Handbewegung beim Schreiben? Anders als der Laut im vorigen Versuch? - Ich habe auf den Druckbuchstaben gesehen und schrieb den Kursivbuchstaben; mehr weiß ich nicht. - Nun schau auf das Zeichen witt_pu_166.gif und laß dir dabei einen Laut einfallen; sprich ihn aus. Mir fiel der Laut ›U‹ ein; aber ich könnte nicht sagen, es war ein wesentlicher Unterschied in der Art und Weise, wie dieser Laut kam. Der Unterschied lag in der etwas andern Situation: Ich hatte mir vorher gesagt, ich solle mir einen Laut einfallen lassen; es war eine gewisse Spannung da, ehe der Laut kam. Und ich sprach nicht automatisch den Laut ›U‹, wie beim Anblick des Buchstaben U. Auch war mir jenes Zeichen nicht vertraut, wie die Buchstaben. Ich sah es gleichsam gespannt, mit einem gewissen Interesse für seine Form an; ich dachte dabei an ein umgekehrtes Sigma. - Stell dir vor, du müßtest nun dieses Zeichen regelmäßig als Buchstaben benützen; du gewöhnst dich also daran, bei seinem Anblick einen bestimmten Laut auszusprechen, etwa den Laut ›sch‹. Können wir mehr sagen, als daß nach einiger Zeit dieser Laut automatisch kommt, wenn wir das Zeichen ansehen? D.h.: ich frage mich bei seinem Anblick nicht mehr »Was ist das für ein Buchstabe?« - auch sage ich mir natürlich nicht »Ich will bei diesem Zeichen den Laut ›sch‹ aussprechen« - noch auch »Dieses Zeichen erinnert mich irgendwie an den Laut ›sch‹.« (Vergleiche damit die Idee: das Gedächtnisbild unterscheide sich von andern Vorstellungsbildern durch ein besonderes Merkmal.)


167. Was ist nun an dem Satz, das Lesen sei doch ›ein ganz bestimmter Vorgang‹? Das heißt doch wohl, beim Lesen finde immer einbestimmter Vorgang statt, den wir wiedererkennen. - Aber wenn ich nun einmal einen Satz im Druck lese und ein andermal nach Morsezeichen schreibe, - findet hier wirklich der gleiche seelische Vorgang statt? - Dahingegen ist aber freilich eine Gleichförmigkeit in dem Erlebnis des Lesens einer Druckseite. Denn der Vorgang ist ja ein gleichförmiger. Und es ist ja leicht verständlich, daß sich dieser Vorgang unterscheidet von dem etwa, sich Wörter beim Anblick beliebiger Striche einfallen zu lassen. - Denn schon der bloße Anblick einer gedruckten Zeile ist ja ungemein charakteristisch, d.h., ein ganz spezielles Bild: Die Buchstaben alle von ungefähr der gleichen Größe, auch der Gestalt nach verwandt, immer wiederkehrend; die Wörter, die zum großen Teil sich ständig wiederholen und uns unendlich wohlvertraut sind, ganz wie wohlvertraute Gesichter. - Denke an das Unbehagen, das wir empfinden, wenn die Rechtschreibung eines Wortes geandert wird. (Und an die noch tieferen Gefühle, die Fragen der Schreibung von Wörtern aufgeregt haben.) Freilich, nicht jede Zeichenform hat sich uns tief eingeprägt. Ein Zeichen z. B. in der Algebra der Logik kann durch ein beliebiges anderes ersetzt werden, ohne daß tiefe Gefühle in uns aufgeregt würden. - 
Bedenke, daß das gesehene Wortbild uns in ähnlichem Grade vertraut ist wie das gehörte.


168. Auch gleitet der Blick anders über die gedruckte Zeile als über eine Reihe beliebiger Haken und Schnörkel. (Ich rede hier aber nicht von dem, was durch Beobachtung der Augenbewegung des Lesenden festgestellt werden kann.) Der Blick gleitet, möchte man sagen, besonders widerstandslos, ohne hängen zu bleiben; und doch rutscht er nicht. Und dabei geht ein unwillkürliches Sprechen in der Vorstellung vor sich. Und so verhält es sich, wenn ich Deutsch und andere Sprachen lese; gedruckt oder geschrieben, und in verschiedenen Schriftformen. - Was aber von dem allen ist für das Lesen als solches wesentlich? Nicht ein Zug, der in allen Fällen des Lesens vorkäme! (Vergleiche mit dem Vorgang beim Lesen der gewöhnlichen Druckschrift das Lesen von Worten, die ganz in Großbuchstaben gedruckt sind, wie manchmal die Auflösung von Rätseln. Welch anderer Vorgang! - Oder das Lesen unserer Schrift von rechts nach links.)


169. Aber empfinden wir nicht, wenn wir lesen, eine Art Verursachung unseres Sprechens durch die Wortbilder? - Lies einen Satz! - und nun schau der Reihe 
&8§≠§≠?ß +%8!'§

entlang und sprich dabei einen Satz. Ist es nicht fühlbar, daß im ersten Fall das Sprechen mit dem Anblick der Zeichen verbunden war und im zweiten ohne Verbindung neben dem Sehen der Zeichen herläuft? 
Aber warum sagst du, wir fühlten eine Verursachung? Verursachung ist doch das, was wir durch Experimente feststellen; indem wir, z.B., das regelmäßige Zusammentreffen von Vorgängen beobachten. Wie könnte ich denn sagen, daß ich das, was so durch Versuche festgestellt wird, fühle? (Es ist wohl wahr, daß wir Verursachung nicht nur durch die Beobachtung eines regelmäßigen Zusammentreffens feststellen.) Eher noch könnte man sagen, ich fühle, daß die Buchstaben der Grund sind, warum ich so und so lese. Denn, wenn mich jemand fragt: »Warum liest du so?« - so begründe ich es durch die Buchstaben, welche da stehen. 
Aber was soll es heißen, diese Begründung, die ich ausgesprochen, gedacht habe, zu fühlen? Ich möchte sagen: Ich fühle beim Lesen einen gewissen Einfluß der Buchstaben auf mich - aber nicht einen Einfluß jener Reihe beliebiger Schnörkel auf das, was ich rede. - Vergleichen wir wieder einen einzelnen Buchstaben mit einem solchen Schnörkel! Würde ich auch sagen, ich fühle den Einfluß von »i«, wenn ich diesen Buchstaben lese? Es ist natürlich ein Unterschied, ob ich beim Anblicken von »i« den i-Laut sage, oder beim Anblick von »§«. Der Unterschied ist etwa, daß beim Anblick des Buchstabens das innere Hören des i-Lauts automatisch, ja gegen meinen Willen, vor sich geht; und wenn ich den Buchstaben laut lese, sein Aussprechen anstrengungsloser ist als beim Anblick von »§«. Das heißt - es verhält sich so, wenn ich den Versuch mache; aber natürlich nicht, wenn ich, zufällig auf das Zeichen »§« blickend, etwa ein Wort ausspreche, in welchem der i-Laut vorkommt.


170. Wir wären ja nie auf den Gedanken gekommen, wir fühlten den Einfluß der Buchstaben auf uns beim Lesen, wenn wir nicht den Fall der Buchstaben mit dem beliebiger Striche verglichen hätten. Und hier merken wir allerdings einen Unterschied. Und diesen Unterschied deuten wir als Einfluß, und Fehlen des Einflusses. 
Und zwar sind wir zu dieser Deutung dann besonders geneigt, wenn wir absichtlich langsam lesen, - etwa um zu sehen, was denn beim Lesen geschieht. Wenn wir uns sozusagen recht absichtlich von den Buchstaben führen lassen. Aber dieses ›mich führen lassen‹ besteht wieder nur darin, daß ich mir die Buchstaben gut anschaue, - etwa, gewisse andere Gedanken ausschalte. 
Wir bilden uns ein, wir nähmen durch ein Gefühl, quasi, einen verbindenden Mechanismus wahr zwischen dem Wortbild und dem Laut, den wir sprechen. Denn wenn ich vom Erlebnis des Einflusses, der Verursachung, des Geführtwerdens rede, so soll das ja heißen, daß ich sozusagen die Bewegung der Hebel fühle, die den Anblick der Buchstaben mit dem Sprechen verbinden.


171. Ich hätte mein Erlebnis beim Lesen eines Wortes auf verschiedene Weise treffend durch Worte ausdrücken können. So könnte ich sagen, daß das Geschriebene mir die Laute eingebe. - Aber auch dies, daß Buchstabe und Laut beim Lesen eine Einheit bilden - gleichsam eine Legierung. (Eine ähnliche Verschmelzung gibt es z.B. zwischen den Gesichtern berühmter Männer und dem Klang ihrer Namen. Es kommt uns vor, dieser Name sei der einzig richtige Ausdruck für dieses Gesicht.) Wenn ich diese Einheit fühle, könnte ich sagen: ich sehe, oder höre den Laut in dem geschriebenen Wort. - 
Aber jetzt lies einmal ein paar Sätze im Druck, so wie du's gewöhnlich tust, wenn du nicht an den Begriff des Lesens denkst; und frage dich, ob du beim Lesen solche Erlebnisse der Einheit, des Einflusses, etc. gehabt hast. - Sag nicht, du habest sie unbewußt gehabt! Auch lassen wir uns nicht durch das Bild verleiten, ›beim nähern Hinsehen‹ zeigten sich diese Erscheinungen! Wenn ich beschreiben soll, wie ein Gegenstand aus der Ferne ausschaut, so wird diese Beschreibung nicht genauer dadurch, daß ich sage, was bei näherem Hinsehen an ihm zu bemerken ist.


172. Denken wir an das Erlebnis des Geführtwerdens! Fragen wir uns: Worin besteht dieses Erlebnis, wenn wir z.B. einen Weg geführt würden? - Stelle dir diese Fälle vor: Du bist auf einem Spielplatz, etwa mit verbundenen Augen, und wirst von jemandem an der Hand geleitet, bald links, bald rechts; du mußt immer des Zuges seiner Hand gewärtig sein, auch achtgeben, daß du bei einem unerwarteten Zug nicht stolperst. 
Oder aber: du wirst von jemandem an der Hand mit Gewalt geführt, wohin du nicht willst. 
Oder: du wirst im Tanz von einem Partner geführt; du machst dich so rezeptiv wie möglich, um seine Absicht zu erraten und dem leisesten Drucke zu folgen. 
Oder: jemand führt dich einen Spazierweg; ihr geht im Gespräch; wo immer er geht, gehst du auch. 
Oder: du gehst einen Feldweg entlang, läßt dich von ihm führen. 
Alle diese Situationen sind einander ähnlich; aber was ist allen den Erlebnissen gemeinsam?


173. »Aber Geführtwerden ist doch ein bestimmtes Erlebnis!« - Die Antwort darauf ist: Du denkst jetzt an ein bestimmtes Erlebnis des Geführtwerdens. 
Wenn ich mir das Erlebnis desjenigen vergegenwärtigen will, der in einem der früheren Beispiele durch den gedruckten Text und die Tabelle beim Schreiben geführt wird, so stelle ich mir das ›gewissenhafte‹ Nachsehen, etc., vor. Ich nehme dabei sogar einen bestimmten Gesichtsausdruck an (den z.B. eines gewissenharten Buchhalters). An diesem Bild ist z.B. die Sorgfalt sehr wesentlich; an einem andern wieder das Ausschalten jedes eigenen Willens. (Denke dir aber, daß jemand Dinge, die der gewöhnliche Mensch mit den Zeichen der Unachtsamkeit tut, mit dem Ausdruck - und warum nicht mit den Empfindungen? - der Sorgfalt begleitet. - Ist er nun sorgfältig? Stell dir etwa vor, der Diener lasse das Teebrett mit allem was darauf ist, mit den äußeren Zeichen der Sorgfalt, zu Boden fallen.) Vergegenwärtige ich mir so ein bestimmtes Erlebnis, so erscheint es mir als das Erlebnis des Geführtwerdens (oder Lesens). Nun aber frage ich mich: Was tust du? - Du schaust auf jedes Zeichen, du machst dieses Gesicht dazu, du schreibst die Buchstaben mit Bedacht (u.dergl.). - Das ist also das Erlebnis des Geführtwerdens? - Da möchte ich sagen: »Nein, das ist es nicht: es ist etwas Innerlicheres, Wesentlicheres.« - Es ist, als ob zuerst all diese mehr oder weniger unwesentlichen Vorgänge in eine bestimmte Atmosphäre gekleidet wären, die sich nun verflüchtigt, wenn ich genau hinschaue. 


Geführt werden e Einfluss
170. Wir wären ja nie auf den Gedanken gekommen, wir fühlten den Einfluß der Buchstaben auf uns beim Lesen, wenn wir nicht den Fall der Buchstaben mit dem beliebiger Striche verglichen hätten. Und hier merken wir allerdings einen Unterschied. Und diesen Unterschied deuten wir als Einfluß, und Fehlen des Einflusses. 
Und zwar sind wir zu dieser Deutung dann besonders geneigt, wenn wir absichtlich langsam lesen, - etwa um zu sehen, was denn beim Lesen geschieht. Wenn wir uns sozusagen recht absichtlich von den Buchstaben führen lassen. Aber dieses ›mich führen lassen‹ besteht wieder nur darin, daß ich mir die Buchstaben gut anschaue, - etwa, gewisse andere Gedanken ausschalte. 
Wir bilden uns ein, wir nähmen durch ein Gefühl, quasi, einen verbindenden Mechanismus wahr zwischen dem Wortbild und dem Laut, den wir sprechen. Denn wenn ich vom Erlebnis des Einflusses, der Verursachung, des Geführtwerdens rede, so soll das ja heißen, daß ich sozusagen die Bewegung der Hebel fühle, die den Anblick der Buchstaben mit dem Sprechen verbinden. 


172
. Denken wir an das Erlebnis des Geführtwerdens! Fragen wir uns: Worin besteht dieses Erlebnis, wenn wir z.B. einen Weg geführt würden? - Stelle dir diese Fälle vor: Du bist auf einem Spielplatz, etwa mit verbundenen Augen, und wirst von jemandem an der Hand geleitet, bald links, bald rechts; du mußt immer des Zuges seiner Hand gewärtig sein, auch achtgeben, daß du bei einem unerwarteten Zug nicht stolperst. 
Oder aber: du wirst von jemandem an der Hand mit Gewalt geführt, wohin du nicht willst. 
Oder: du wirst im Tanz von einem Partner geführt; du machst dich so rezeptiv wie möglich, um seine Absicht zu erraten und dem leisesten Drucke zu folgen. 
Oder: jemand führt dich einen Spazierweg; ihr geht im Gespräch; wo immer er geht, gehst du auch. 
Oder: du gehst einen Feldweg entlang, läßt dich von ihm führen. 
Alle diese Situationen sind einander ähnlich; aber was ist allen den Erlebnissen gemeinsam?


173. »Aber Geführtwerden ist doch ein bestimmtes Erlebnis!« - Die Antwort darauf ist: Du denkst jetzt an ein bestimmtes Erlebnis des Geführtwerdens. 
Wenn ich mir das Erlebnis desjenigen vergegenwärtigen will, der in einem der früheren Beispiele durch den gedruckten Text und die Tabelle beim Schreiben geführt wird, so stelle ich mir das ›gewissenhafte‹ Nachsehen, etc., vor. Ich nehme dabei sogar einen bestimmten Gesichtsausdruck an (den z.B. eines gewissenharten Buchhalters). An diesem Bild ist z.B. die Sorgfalt sehr wesentlich; an einem andern wieder das Ausschalten jedes eigenen Willens. (Denke dir aber, daß jemand Dinge, die der gewöhnliche Mensch mit den Zeichen der Unachtsamkeit tut, mit dem Ausdruck - und warum nicht mit den Empfindungen? - der Sorgfalt begleitet. - Ist er nun sorgfältig? Stell dir etwa vor, der Diener lasse das Teebrett mit allem was darauf ist, mit den äußeren Zeichen der Sorgfalt, zu Boden fallen.) Vergegenwärtige ich mir so ein bestimmtes Erlebnis, so erscheint es mir als das Erlebnis des Geführtwerdens (oder Lesens). Nun aber frage ich mich: Was tust du? - Du schaust auf jedes Zeichen, du machst dieses Gesicht dazu, du schreibst die Buchstaben mit Bedacht (u.dergl.). - Das ist also das Erlebnis des Geführtwerdens? - Da möchte ich sagen: »Nein, das ist es nicht: es ist etwas Innerlicheres, Wesentlicheres.« - Es ist, als ob zuerst all diese mehr oder weniger unwesentlichen Vorgänge in eine bestimmte Atmosphäre gekleidet wären, die sich nun verflüchtigt, wenn ich genau hinschaue.


174. Frage dich, wie du ›mit Bedacht‹ eine Strecke parallel zu einer gegebenen Strecke ziehst, - ein andermal mit Bedacht in einem Winkel zu ihr. Was ist das Erlebnis des Bedachts? Da fällt dir gleich eine bestimmte Miene, eine Gebärde ein, - und dann möchtest du sagen: »und es ist eben ein bestimmtes inneres Erlebnis«. (Womit du natürlich garnichts mehr gesagt hast.) 
(Es ist da ein Zusammenhang mit der Frage nach dem Wesen der Absicht, des Willens.)



175. Mach einen beliebigen Fahrer auf dem Papier. - Und nun zeichne ihn daneben nach, laß dich von ihm führen. - Ich möchte sagen: »Gewiß! ich habe mich jetzt führen lassen. Aber was dabei Charakteristisches geschehen ist? - Wenn ich sage, was geschehen ist, so kommt es mir nicht mehr charakteristisch vor.«
Aber nun merke dies: Während ich mich führen lasse, ist alles ganz einfach, ich merke nichts besonderes; aber danach, wenn ich mich frage, was damals geschehen ist, so scheint es etwas Unbeschreibbares gewesen zu sein. Danach genügt mir keine Beschreibung. Ich kann, sozusagen, nicht glauben, daß ich bloß hingeschaut, dieses Gesicht gemacht, den Strich gezogen habe. - Aber erinnere ich mich denn an etwas anderes? Nein; und doch kommt mir vor, als müsse etwas anderes gewesen sein; und zwar dann, wenn ich mir dabei das Wort »führen«, »Einfluß« und derlei, vorsage. »Denn ich bin doch geführt worden«, sage ich mir. - Dann erst tritt die Idee jenes ätherischen, ungreifbaren Einflusses auf.

177. Ich möchte sagen: »Ich erlebe das Weil«. Aber nicht, weil ich mich an dieses Erlebnis erinnere; sondern, weil ich beim Nachdenken darüber, was ich in so einem Fall erlebe, dies durch das Medium des Begriffes ›weil‹ (oder ›Einfluß‹, oder ›Ursache‹, oder ›Verbindung‹) anschaue. - Denn es ist freilich richtig, zu sagen, ich habe diese Linie unter dem Einfluß der Vorlage gezogen: dies liegt aber nicht einfach in dem, was ich beim Ziehen der Linie empfinde - sondern, unter Umständen, z.B. darin, daß ich sie zu der andern parallel ziehe; obwohl auch das wieder für das Geführtwerden nicht allgemein wesentlich ist. -


178. Wir sagen auch: »Du siehst ja, daß ich mich von ihr führen lasse« - und was sieht der, der das sieht? 
Wenn ich zu mir selbst sage: »Ich werde doch geführt« - so mache ich etwa eine Handbewegung dazu, die das Führen ausdrückt. - Mach eine solche Handbewegung, gleichsam als leitetest du jemand entlang, und frage dich dann, worin das Führende dieser Bewegung besteht. Denn du hast hier ja niemand geführt. Und doch möchtest du die Bewegung eine ›führende‹ nennen. Also war in dieser Bewegung, und Empfindung, nicht das Wesen des Führens enthalten und doch drängte es dich, diese Bezeichnung zu gebrauchen. Es ist eben eine Erscheinungsform des Führens, die uns diesen Ausdruck aufdrängt. 

197. »Es ist, als könnten wir die ganze Verwendung des Wortes mit einem Schlag erfassen.« - Wir sagen ja, daß wir es tun. D.h., wir beschreiben ja manchmal, was wir tun, mit diesen Worten. Aber es ist an dem, was geschieht, nichts Erstaunliches, nichts Seltsames. Seltsam wird es, wenn wir dazu geführt werden, zu denken, daß die künftige Entwicklung auf irgendeine Weise schon im Akt des Erfassens gegenwärtig sein muß und doch nicht gegenwärtig ist. - Denn wir sagen, es sei kein Zweifel, daß wir dies Wort verstehen, und anderseits liegt seine Bedeutung in seiner Verwendung. Es ist kein Zweifel, daß ich jetzt Schach spielen will; aber das Schachspiel ist dies Spiel durch alle seine Regeln (usf.). Weiß ich also nicht, was ich spielen wollte, ehe ich gespielt habe? oder aber, sind alle Regeln in meinem Akt der Intention enthalten? Ist es nun Erfahrung, die mich lehrt, daß auf diesen Akt der Intention für gewöhnlich diese Art des Spielens folgt? Kann ich also doch nicht sicher sein, was ich zu tun beabsichtigte? Und wenn dies Unsinn ist, - welcherlei überstarre Verbindung besteht zwischen dem Akt der Absicht und dem Beabsichtigten? - Wo ist die Verbindung gemacht zwischen dem Sinn der Worte »Spielen wir eine Partie Schach!« und allen Regeln des Spiels? - Nun, im Regelverzeichnis des Spiels, im Schachunterricht, in der täglichen Praxis des Spielens. 
283. Woher kommt uns auch nur der Gedanke: Wesen, Gegenstände, könnten etwas fühlen? 
Meine Erziehung hätte mich darauf geführt, indem sie mich auf die Gefühle in mir aufmerksam machte, und nun übertrage ich die Idee auf Objekte außer mir? Ich erkenne, es ist da (in mir) etwas, was ich, ohne mit dem Wortgebrauch der Andern in Widerspruch zu geraten, »Schmerzen« nennen kann? - Auf Steine und Pflanzen, etc. übertrage ich meine Idee nicht. 
Könnte ich mir nicht denken, ich hätte fürchterliche Schmerzen und würde, während sie andauern, zu einem Stein? Ja, wie weiß ich, wenn ich die Augen schließe, ob ich nicht zu einem Stein geworden bin? - Und wenn das nun geschehen ist, inwiefern wird der Stein Schmerzen haben? Inwiefern wird man es vom Stein aussagen können? Ja warum soll der Schmerz hier überhaupt einen Träger haben?! 
Und kann man von dem Stein sagen, er habe eine Seele und die hat Schmerzen? Was hat eine Seele, was haben Schmerzen, mit einem Stein zu tun? 
Nur von dem, was sich benimmt wie ein Mensch, kann man sagen, daß es Schmerzen hat
Denn man muß es von einem Körper sagen, oder, wenn du willst, von einer Seele, die ein Körper hat. Und wie kann ein Körper eine Seele haben? 

490. Wie weiß ich, daß dieser Gedankengang mich zu dieser Handlung geführt hat? - Nun, es ist ein bestimmtes Bild: z.B., in einer experimentellen Untersuchung durch eine Rechnung zu einem weitern Experiment geführt werden. Es sieht so aus - und nun könnte ich ein Beispiel beschreiben. 


EINFLUSS
160. Denke dir aber diesen Fall: Wir geben Einem, der fließend lesen kann, einen Text zu lesen, den er nie zuvor gesehen hat. Er liest ihn uns vor - aber mit der Empfindung, als sage er etwas Auswendiggelerntes (dies könnte die Wirkung irgendeines Giftes sein). Würden wir in einem solchen Falle sagen, er lese das Stück nicht wirklich? Würden wir hier also seine Empfindungen als Kriterium dafür gelten lassen, ob er liest oder nicht? 
Oder aber: Wenn man einem Menschen, der unter dem Einfluß eines bestimmten Giftes steht, eine Reihe von Schriftzeichen vorlegt, die keinem existierenden Alphabet anzugehören brauchen, so spreche er nach der Anzahl der Zeichen Wörter aus, so als wären die Zeichen Buchstaben, und zwar mit allen äußeren Merkmalen und Empfindungen des Lesens. (Ähnliche Erfahrungen haben wir in Träumen; nach dem Aufwachen sagt man dann etwa: »Es kam mir vor, als läse ich die Zeichen, obwohl es gar keine Zeichen waren.«) In so einem Fall würden Manche geneigt sein, zu sagen, der Mensch lese diese Zeichen. Andere, er lese sie nicht. - Angenommen, er habe auf diese Weise eine Gruppe von vier Zeichen als OBEN gelesen (oder gedeutet) - nun zeigen wir ihm die gleichen Zeichen in umgekehrter Reihenfolge und er liest NEBO, und so behält er in weiteren Versuchen immer die gleiche Deutung der Zeichen bei; hier wären wir wohl geneigt, zu sagen, er lege sich ad hoc ein Alphabet zurecht und lese dann danach. 


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